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AutorenbildAnnika Beifuss

Seele, Geist und Häppchen - (Entwicklungs-) Traumata - Break the Cycle

Aktualisiert: 4. Mai 2023

Content Warning: Heute geht es um ein schwereres Thema, und zwar um das Thema Trauma/Traumata.



Wir sprechen im normalen Sprachgebrauch hauptsächlich von Traumata, wenn es sich um Schocktraumata handelt, das heißt, singuläre Ereignisse, die gravierende Auswirkungen haben, das Leben stark beeinträchtigen und häufig eine 180-Grad-Wende im Leben des traumatisierten Menschen bedeuten. Ich glaube, ich muss da jetzt nicht aufzählen, was da dazugehören kannn. Ich fasse es nur grob zusammen. Das können eben Gewalterfahrungen, Todesfälle, Unfälle, Naturkatastrophen, etc. sein. Ihr merkt schon, die meisten von euch haben bestimmt ein Bild im Kopf, wenn sie an Traumata denken.


Und meistens ist eben so ein singuläres Ereignis gemeint, das einschneidend für das Leben dieses Menschen ist. Und einschneidend heißt in dem Zusammenhang, dass es auf eine Weise heftig war, weil es keine Bewältigungsmöglichkeiten für dieses Ereignis in diesem Ereignis gab. Das geht dann natürlich mit Gefühlen von Hilflosigkeit einher und erschüttert nachhaltig das Verständnis von der eigenen Welt und das eigene Konzept vom Selbst und der Welt drumrum.

Die akute Belastungssituation in so einem traumatischen Ereignis geht in der Regel relativ schnell vorbei. Das aus psychologischer Sicht Interessante ist hier die posttraumatische Belastungsstörung. Auch wenn die meisten von euch schon mal den Begriff gehört haben, ist das, was eine posttraumatische Belastungsstörung ist gar nicht so klar. Da gibt natürlich sehr große Unterschiede zwischen den verschiedenen Menschen, was die Symptome sind von einer posttraumatischen Belastungsstörung angeht. Die Symptome können alle möglichen sein, die wahrscheinlich auch viele von euch auch schon mal in der einen oder anderen Form erlebt haben:

  • Ein Symptom sind die sogenannten Flashbacks, das heißt ein spontanes Wiedererinnern des traumatischen Ereignisses und das Gefühl, dass man wirklich jetzt in dieser Situation wieder drin sei. Ausgelöst durch irgendwelche Trigger, das heißt kleine Auslöser, die dieses Wiedererinnern im System begünstigen.

  • Ein weiteres anerkanntes Symptom von traumatisierten Menschen ist das Vermeidungsverhalten, das heißt, sie meiden Orte und Situationen, die an dieses Trauma erinnern könnten. Ich merke gerade, ich bin immer dazu geneigt, Beispiele zu geben. Das möchte ich jetzt aber in dem Fall einfach nicht machen, auch euch zuliebe, weil ich ja eben nicht weiß, ob da vielleicht bei dem einen oder anderen was schlummert.

  • Ein drittes Symptom ist die sogenannte Amnesie, also Erinnerungslücken, die das traumatische Ereignis betreffen.

  • Und dann gibt es noch das sogenannte Hyperarousal, also die Übererregbarkeit bei traumatisierten Menschen. Diese haben häufig eine höhere Schreckhaftigkeit, reagieren stärker auf Reize. Und deswegen wird Traumatisierung auch immer wieder mit Hochsensibilität in Verbindung gebracht. Aber das ist vielleicht mal ein anderes Thema. Also dieses Hyperarousal bedeutet das Gefühl, ständig auf der Hut sein zu müssen, um nicht wieder in so eine Situation rein zu geraten, die einen extrem verstört und geschadet hat.

Es gibt ganz sicher auch in der einschlägigen Literatur noch andere Thematiken und Symptome, die für eine posttraumatische Belastungsstörung sprechen, aber an dieser Stelle soll es erstmal gut sein. Es geht nur darum, dass ihr eine Vorstellung habt, was alles zu diesem Symptom-Konglomerat dazugehört.


Ich habe im Vorhinein bestimmte Ereignisse für Traumatisierungen "verantwortlich" gemacht. Der interessante Punkt dabei ist, dass das Äußere gar nicht so sehr darüber entscheidet, ob ein Ereignis als traumatisierend wahrgenommen wird oder nicht. Denn wie etwas wahrgenommen wird - Ihr wisst es schon - das entscheidet das Innere und das entscheiden ganz viele Parameter im Inneren der Person: Wie geht es der Person? Was hat die Person schon im Vorhinein erlebt? Wo ist die persönliche Schwelle, ab wann etwas als Stress empfunden wird?


Und wie massiv dieses traumatische Ereignis, dieser Eingriff in das eigene System empfunden wird, also wie sehr man das Gefühl hat, die Kontrolle verloren zu haben, wie sehr man das Gefühl hat, hilflos zu sein etc., das hängt von ganz vielen verschiedenen Stellschrauben ab, die man von außen gar nicht sehen kann und meistens übrigens auch von innen gar nicht so klar benennen kann. Aber dieses Schocktrauma wird generell definiert als eine Situation, die die Bewältigungsmechanismen des individuellen Menschen überfordert.




So, und jetzt komme ich zu einem Punkt, der mir sehr wichtig ist. Denn Traumata sind eben nicht nur Schocktraumata, sondern auch sogenannte Entwicklungstraumata. Und diese Entwicklungstraumata sind vielleicht häufig noch viel entscheidender für unseren psychischen Haushalt, da sie selten als Traumata wahrgenommen, ausgesprochen und angenommen werden. Und die Tatsache, dass viele die Entwicklungstraumata einfach überhaupt nicht auf dem Schirm haben, ist aus meiner Sicht ein Problem.


Entwicklungs­traumata entstehen dadurch, dass einem Kind in entscheidenden Phasen etwas nicht gegeben wurde, was es als Grundbedürfnis braucht, zum Beispiel Trost, Bindung, Autonomie. Und wenn diese Bedürfnisse in den ersten Lebensjahren nicht gestillt, gesehen oder ignoriert werden oder wenn sich auch die Elternpersonen hilflos fühlen, wenn es einen großen Stress gibt für die Elternperson(en), dann kann das ein sogenanntes Entwicklungstrauma auslösen.


An dieser Stelle möchte ich betonen, dass dies kein Blaming oder Schuldzuweisung an die elterlichen Bezugspersonen ist. Denn im Zweifelsfall hängt das Nichtreagieren auf die Bedürfnisse des Babys oder des Kleinkindes damit zusammen, dass diese Elternpersonen selbst das nicht erlebt haben und/oder überfordert sind mit ihrer Rolle, für die Bedürfniserfüllung eines anderen Lebewesens mitverantwortlich zu sein. Dann werden oft solche vermeintlichen Rezepte verwendet, wie zum Beispiel, dass man Kinder schreien lassen sollte, auch wenn es der eigenen Intuition widerspricht.


Und darum hier an dieser Stelle jetzt auch meine Einladung an alle, die das lesen und die das vielleicht auch zum Nachdenken bringt, wie sie behandelt worden sind und wie sie vielleicht eben auch ihre Kinder behandeln, eine Einladung zum Cycle Breaker zu werden, zu jemandem, der den Kreislauf durchbricht. Jemandem, der schädliche und oder dysfunktionale Muster erkennt und beschließt, diese zu unterbrechen. Und sich anders zu verhalten, als vielleicht auch die Ursprungsfamilie es erwartet. Und vielleicht eine neue Dynamik ins Spiel zu bringen. Und vor allem die Möglichkeit zu eröffnen, Traumata zu beenden. Ungesunde, schmerzhafte Verhaltensweisen abzulehnen. Und erlittene Traumata eben nicht weiterzugeben.




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